- Ort und Datum : München, 8. Dezember 2023

Wegen Verdachts des gewerbs- und bandenmäßigen Schmuggels mit verursachtem Steuerschaden in Millionenhöhe vollstreckten Zollfahnderinnen und Zollfahnder bereits am 7. November 2023 drei Haftbefehle in Köln sowie einen in Bonn. Dabei durchsuchten sie zeitgleich und mit Kräften der Steuerfahndung München im gesamten Bundesgebiet an über 60 Örtlichkeiten auf richterliche Anordnung Wohn- beziehungsweise Geschäftsräume.
Um den staatlichen Zugriff auf Vermögenswerte der Gruppierung zu sichern, wurden im Rahmen der Einsatzmaßnahmen neben über 450.000 Euro Bargeld zwei hochwertige Personenkraftwagen gesichert, Konten gepfändet und bei einer Immobilie in Rheinland-Pfalz eine Zwangssicherungshypothek in Höhe von 450.000 Euro eingetragen. Zudem kam es zur Sicherstellung umfangreicher Beweismittel wie einer Vielzahl von Mobiltelefonen, Computern, elektronischer Datenträger (Festplatten, Server) und schriftlicher Unterlagen.
Die unter der Sachleitung des Delegierten Europäischen Staatsanwalts des EUStA-Zentrums München in enger Zusammenarbeit mit der Steuerfahndung München geführten Ermittlungen des Zollfahndungsamts München richten sich nach derzeitigem Stand der Ermittlungen gegen mehrere Mitglieder einer international operierenden Gruppierung von Geschäftsleuten chinesischer Staatsangehörigkeit.
Zölle, auch Antidumpingzölle
Sie sind verdächtig, bei der Zollabfertigung von Gütern aus der Volksrepublik China in einer großen Anzahl von Fällen den zu erklärenden Warenpreis weit unterschritten und die Warenbeschaffenheit zu ihren Gunsten falsch beschrieben zu haben, um dadurch fällige Zölle erheblich niedriger in Rechnung gestellt zu bekommen. Die seitens der Beschuldigten dabei nominell eingesetzten Geschäftsführer der Empfängerfirmen werden von den Ermittlern als reine Strohleute beziehungsweise Briefkastenfirmen eingeschätzt.
Einfuhrumsatzsteuer, Umsatzsteuerbetrugsmodell
Bei den Zollabfertigungen an verschiedenen Häfen und Flughäfen wählten die Beschuldigten am Ort der ersten Einfuhr in das Gemeinschaftsgebiet ein Zollverfahren ohne Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer, da diese erst im Land der endgültigen Bestimmung fällig würde (Bestimmungslandprinzip). Eine Anmeldung der steuerlichen Daten gegenüber den Finanzbehörden im Bestimmungsland ist nach derzeitigem Stand der Ermittlungen gänzlich unterlassen worden, sodass die angefallene Einfuhrumsatzsteuer gar nicht erhoben werden konnte.
Hierfür verwendeten die Tatverdächtigen gleich bei der Einfuhrabfertigung ein ausgeklügeltes System von ständig wechselnden Empfänger-(Briefkasten-)Firmen in verschiedenen Mitgliedstaaten der EU.
Bei den bis in das Jahr 2018 zurückreichenden Ermittlungen zeichnet sich ab, dass der verursachte Steuerschaden (Zölle, Antidumpingzölle, Einfuhrumsatzsteuer) sich im zweistelligen Millionenbereich bewegen dürfte.
Zudem wird derzeit davon ausgegangen, dass es durch die Manipulationen bezüglich der in der Folge fälligen Umsatzsteuer zu einem weiteren Steuerschaden im Bereich eines dreistelligen Millionenbetrags gekommen sein könnte.
Die importierten Waren aller Art, wie zum Beispiel Fahrräder, E-Bikes, Steh- und Hängelampen, Handtücher, Vitrinen, Kurbelwellen, Elektrozubehör, Akkus oder auch E-Zigaretten, veräußerten die Beschuldigten teils im Onlinehandel oder verkauften sie in Läden in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten.
Am Tag der Maßnahmen waren rund 450 Kräfte von Zoll- und Steuerfahndung bundesweit und unter der Leitung des Zollfahndungsamts München im Einsatz. Dabei unterstützten die Ermittlerinnen und Ermittler der Zollfahndungsämter Berlin-Brandenburg, Essen, Frankfurt am Main sowie der Hauptzollämter Braunschweig und Köln. Seitens der Steuerfahndung waren Kräfte aus München, Düsseldorf und Essen im Einsatz. Im Vorfeld der Ermittlungen unterstützten Einheiten der Bundespolizei die Münchner Fahnderinnen und Fahnder.