Obst und Gemüse aus Drittländern genießt aufgrund der dortigen niedrigeren Produktionskosten einen Wettbewerbsvorteil, der bei Einfuhr dieser Erzeugnisse in die Union durch Einfuhrzölle (Agrarzölle) ausgeglichen wird. Bei den bedeutenden Obst- und Gemüsesorten geschieht dies durch ein Einfuhr- bzw. Eintrittspreissystem, das auch als Entry-Preisverfahren bezeichnet wird.
Sofern der Einfuhrpreis von bestimmtem Obst und Gemüse den sog. Entrypreis unterschreitet greift der Ausgleichsmechanismus. Der Entrypreis wird von der WTO (World Trade Organization) für bestimmte Sorten Obst und Gemüse festgelegt.
Bei Unterschreitung dieses Preises bei der Einfuhr wird neben dem Wertzoll ein, je nach Grad der Unterschreitung proportional angepasster, zusätzlicher spezifischer Zoll erhoben.
Das Einfuhrpreissystem gilt für Tomaten, Gurken, Zucchini ganzjährig. Für andere Produkte wie beispielsweise Orangen, Tafelbirnen, Aprikosen, Kirschen, Pfirsiche und Pflaumen wird es nur in bestimmten Saisonzeiträumen angewandt.
Da das betreffende begrenzt haltbare Obst und Gemüse oft im Konsignationshandel geliefert wird, ist die Bestimmung seines Wertes erschwert. Aus diesem Grund wird für das dem Eintrittspreissystem unterliegende Obst und Gemüse ein pauschaler Einfuhrwert bestimmt. Der pauschale Einfuhrwert wird individuell von der EU-Kommission ermittelt. Dazu wird für jedes Produkt auf repräsentativen Einfuhrmärkten der Europäischen Union ein gewichtetes Mittel berechnet. Hierbei werden die saisonal schwankenden Preise sowie die unterschiedlichen Qualitäten der Handelsklassen berücksichtigt.
Einfuhrpreis
Grundsätzlich gilt für die Anwendung der Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifes - als Einfuhrpreis einer Lieferung von Obst und Gemüse der Zollwert, der nach der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 (Zollkodex der Union – UZK) und der Verordnung (EU) 2015/2447 (Durchführungsverordnung zum UZK - IA) berechnet wurde. Folglich entspricht der nach dem Marktordnungsrecht zugrunde zu legende Einfuhrpreis für Obst und Gemüse dem nach dem Zollrecht ermittelten Zollwert.
Einfuhrpreis bei auf Konsignationsbasis eingeführten Erzeugnissen
Bei dieser Geschäftsgestaltung liegt regelmäßig zum Zeitpunkt der Einfuhr noch kein Kaufgeschäft vor, bzw. kann der endgültige Verkaufspreis noch nicht ermittelt werden. Der Zollwert wird in diesem Fall unmittelbar gemäß Artikel 74 Abs. 2 c UZK, auf der Grundlage des Preises je Einheit (sogenannte deduktive Methode) ermittelt. Zu diesem Zweck gilt während der geltenden Zeiträume der pauschale Einfuhrwert als Preis je Einheit. Für Einfuhren auf Konsignationsbasis bedeutet dies, dass die Einfuhrabgabe in Höhe des Abgabenbetrages auf Basis des pauschalen Einfuhrwertes unmittelbar festgelegt wird. Eine Sicherheit wird nicht erhoben.
Erhebung von Sicherheiten bei der Einfuhr von Obst und Gemüse
In den Fällen der Zollwertermittlung nach Artikel 70 und 74 Absatz 2 c) UZK kommt die Erhebung einer Sicherheit in Betracht. Die Berechnung der Sicherheit erfolgt auf Grundlage einer fiktiven Abgabenerhebung auf Basis des pauschalen Einfuhrwertes. Im Falle einer Zollwertberechnung nach Transaktionswert im Sinne des Artikels 70 UZK wird eine Sicherheit nur erhoben, wenn dieser Zollwert mehr als 8 Prozent über dem pauschalen Einfuhrwert liegt. Diese Regelung findet allerdings keine Anwendung, wenn der pauschale Einfuhrwert über dem Entrypreis liegt oder der Anmelder die unmittelbare buchmäßige Erfassung beantragt.
Vermarktungsnormen bei der Ein- und Ausfuhr
Für einige landwirtschaftliche Erzeugnisse wurden von der EU Vermarktungsnormen eingeführt. Um nachzuweisen, dass diese Vermarktungsnormen eingehalten wurden, ist für Obst und Gemüse, das speziellen Vermarktungsnormen unterliegt, sowie für Obst und Gemüse, das der allgemeinen Vermarktungsnorm unterliegt und für das die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) risikoorientiert Kontrollen angeordnet hat, bei der Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr und bei der Ausfuhr eine Konformitätsbescheinigung oder Verzichtserklärung vorzulegen. Die betroffenen Erzeugnisse sind im Elektronischen Zolltarif (EZT) mit einer entsprechenden Fußnote gekennzeichnet. ("D03 012" für die Einfuhr und "D04 863" für die Ausfuhr).
Zuständig für die Ausstellung der Dokumente ist bei der Einfuhr die BLE. Darüber hinaus sind einige Drittländer, deren Konformitätskontrollen von der EU anerkannt werden, zur Ausstellung der Konformitätsbescheinigung für bestimmtes Obst und Gemüse berechtigt. Die anerkannten Drittländer und die betreffenden Erzeugnisse werden in Anhang IV der Verordnung (EU) 2023/2430 veröffentlicht.
Bei der Ausfuhr werden die Dokumente grundsätzlich von den Kontrollstellen der Bundesländer ausgestellt. Handelt es sich bei den angemeldeten Waren um Erzeugnisse, die in einem anderen EU-Mitgliedstaat geerntet wurden oder wurden die Erzeugnisse zuvor aus einem Drittland eingeführt, ist ebenfalls die BLE für die Ausstellung zuständig. Es besteht außerdem die Möglichkeit, sich von der BLE zur Ausstellung der Konformitätsbescheinigung berechtigen zu lassen ("zugelassene Händler").
Elektronischer Zolltarif (EZT-Online)
Liegen Ausfuhr- und Ausgangszollstelle in Deutschland, kann die erforderliche Bescheinigung anstelle der Ausfuhrzollstelle auch der Ausgangszollstelle vorgelegt werden. Die Vorlage der Konformitätsbescheinigung oder Verzichtserklärung kann (im elektronischen Verfahren angemeldet) periodisch erfolgen.
Nichtpräferenzielles Ursprungszeugnis für Knoblauch
Bei der Einfuhr von Knoblauch der Codenummer 0703 2000 000 mit Ursprung in Libanon, Malaysia, Iran, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Taiwan und Vietnam ist ein nichtpräferenzielles Ursprungszeugnis gem. Art. 57 - Art. 59 UZK-IA und ein Direktbeförderungsnachweis vorzulegen.
Zuständige Behörden für die Ausstellung dieser Usprungszeugnisse sind:
Iran: Teheran Chamber of Commerce, Industry and Mine
Libanon: Chamber of Commerce, Industry & Agriculture, Zahle and Bekaa, B.P. 100, Zahle Liban / Chambre de Commerce, d'Industrie et d'Agriculture, Beyrouth et du Mont Liban, Rue Justinien, B.P. 11 - 1801, Beyrouth, Liban / Chamber of Commerce, Industry & Agriculture in Sidon and South Lebanon, Maarouf Saad Bd, P.O. Box 41, Saida, Lebanon / Chamber of Commerce, Industry & Agriculture, Tripoli and North Lebanon, Boulevard Bechara Khoury, Tripoli, Lebanon
Taiwan: Bureau of Commodity Inspection & Quarantine, Ministry of Economic Affairs for Export & Import Certificates, ausgestellt im Auftrag von: Ministry of Economic Affairs; Republic of China
Die übrigen Länder haben bislang keine zuständigen Behörden mitgeteilt. Die Einfuhr von Knoblauch aus diesen Ländern ist daher nicht zulässig.
Hinweise auf diese Beschränkung sind im EZT bei den betroffenen Codenummern eingearbeitet.